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Keine Persönlichkeitsrechtsverletzung: Dieter Bohlen ist „im Grunde eine arme Sau“

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In einem Interview mit der Zeitschrift „Stern“ gab der Pop-Titan im Oktober 2008 zu, in seiner Jugend von Selbstmordgedanken geplagt worden zu sein. Eine andere Zeitschrift berichtete über diesen Einblick in das Seelenleben des ehemaligen Modern-Talking-Sängers und zitierte einen gemeinsamen Weggefährten. Bohlen sah sich hierdurch in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.

Das ehemalige Bandmitglied Bohlens äußerte sich in dem Artikel zur gemeinsamen Zusammenarbeit wie folgt: „Als es ihm schlecht ging, rief er mich oft an und heulte sich bei mir aus. Er braucht es eben, im Zenit der Aufmerksamkeit zu stehen. Aber im Grunde ist er eine arme Sau – und das weiß er auch”

Auf die Abmahnung dieser Wortberichterstattung gab der Zeitschriftenverlag eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, beglich jedoch die Abmahnkosten des Popstars nicht. Eine hierauf gerichtete Klage beim Amtsgericht Hamburg blieb mangels Persönlichkeitsrechtsverletzung ohne Erfolg.

Nach Ansicht der Richterin handelt es sich bei der streitgegenständlichen Aussage im Kontext der Berichterstattung um eine zulässige Meinungsäußerung. Eine solche liege vor, wenn eine Äußerung nicht dem Beweise zugänglich ist, sich insbesondere nicht mit dem Kriterium “wahr oder unwahr“ messen lasse, sondern vom Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sei, also einen Vorgang oder Zustand an einem vom Kritiker gewählten Maßstab misst. So verhalte es sich hier. Der zitierte Musikerkollege Bohlens äußere sich hier erkennbar rein wertend über die Persönlichkeit des Popstars.

Bei der Bezeichnung “arme Sau” handele es sich nicht um Schmähkritik. Dies setze voraus, dass es sich nicht um eine sachbezogene Äußerungen handelt, sondern vielmehr die Schmähung in den Vordergrund tritt, es sich also Äußerungen handelt, die den Angriff auf die Person bezwecken, ohne der sachbezogenen Kritik zu dienen. In diesen Fällen trete der Schutz der Freiheit der Rede regelmäßig zurück. Dies sei hier indes nicht der Fall. Die Redewendung “Arme Sau” bezeichne umgangssprachlich einen bemitleidenswerten Menschen. Eine Vergleichbarkeit mit der Titulierung als “Schwein“ oder “Sau“ oder ähnlichen Formalbeleidigungen sei also nicht ohne weiteres gegeben (Amtsgericht Hamburg, Urteil vom 19.07.2012, Az. 32 C 57/12).

Wenn Sie in den Medien oder in Sozialen Netzwerken verunglimpft werden, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Tobias Kohl, LL.M.
Rechtsanwalt


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