Egal ob nach einer Abmahnung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wird oder ein gerichtliches Verbot ergeht: immer stellt sich die Frage, was der Schuldner unternehmen muss, um nicht gegen seine Unterlassungspflicht zu verstoßen. Insbesondere wenn die Rechtsverletzung auf einer von dem Unterlassungsschuldner betriebenen Internetseite erfolgt.
Sowohl bei einer rechtswidrigen Äußerung als auch bei einer irreführenden Werbung auf einer Internetseite ist selbstverständlich, dass der Unterlassungsschuldner diese beseitigen, also von seiner Internetseite entfernen muss. Oft sind die betreffenden Inhalte aber über Suchmaschinen wie Google weiterhin abrufbar. Suchmaschinen wie Google bieten oft einen Zwischenspeicher – den so genannten „Cache“ – an, über den ältere Versionen einer Internetseite auch dann abgerufen werden können, wenn die Seite bereits abgeändert oder gelöscht wurde.
Hierüber hat sich kürzlich unter anderem der Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen eines Beschlusses geäußert (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2018, Az. I ZB 86/17). Der BGH hat entschieden, dass eine Rundfunkanstalt einen rechtswidrigen Fernsehbeitrag sowohl aus ihrer Mediathek entfernen, als auch die Aufrufbarkeit aus dem Cache gängiger Suchmaschinen verhindern muss. Allerdings hafte die Rundfunkanstalt nicht, wenn ein Dritter, dessen Handeln der Rundfunkanstalt nicht wirtschaftlich zugutekommt, den Beitrag selbständig in einem Internetportal veröffentlicht.
Der Rundfunkanstalt war gerichtlich untersagt worden, bestimmte Äußerungen aus einem Fernsehbericht zu verbreiten oder zu wiederholen. Daraufhin entfernte die Rundfunkanstalt den Beitrag aus ihrer Mediathek. Auch ließ sie den Beitrag bei Google löschen. Was sie allerdings nicht wusste: ein Dritter hatte den Beitrag bereits bei „YouTube“ eingestellt. Hiervon erfuhr die Rundfunkanstalt erst, als das Landgericht (LG) Hannover ein Ordnungsgeld gegen sie festsetzte. Nach Ansicht des Gerichts habe sie gegen ihre Unterlassungspflicht verstoßen. Dem folgte der BGH allerdings nicht. Für das Handeln eines Dritten sei die Rundfunkanstalt nicht verantwortlich. Insbesondere, da sie hiervon in keiner Weise wirtschaftlich profitierte.
Diese Ansicht vertritt auch das Oberlandesgericht Dresden für den Fall, dass bei einer irreführenden Werbung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wird (OLG Dresden, Urteil vom 24.04.2017, Az. 14 U 50/18).
Die Beklagte hatte nach einer Abmahnung der Wettbewerbszentrale eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, mit der sie sich dazu verpflichtete es zu unterlassen mit der Angabe „4-Sterne-Hotel“ zu werben. Die Beklage löschte die Aussage aus ihrer Werbung. Über die Suchmaschine Google war die Werbung aber weiterhin auffindbar. Daraufhin machte die Wettbewerbszentrale eine Vertragsstrafe geltend, da sie hierin einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung sah und reichte Klage ein. Das Oberlandesgericht gab der Klage statt.
Nach Ansicht des Gerichts hat die Beklagte einen Störungszustand geschaffen. Diesen muss sie beseitigen indem sie alles Mögliche und Zumutbare unternimmt, damit der Störungszustand nicht mehr eintritt. Hierfür muss sie nicht nur die Werbung löschen, sondern auch regelmäßig die gängigen Suchmaschinen überprüfen und Maßnahmen ergreifen, um die festgestellten Verstöße zu beseitigen.
Zwar sei ein Schuldner für das selbständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht verantwortlich. Wenn ihm dieses Handeln jedoch wirtschaftlich zugutekommt und er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss, ist er dazu verpflichtet hierauf einzuwirken. Jedenfalls dann, wenn er rechtliche und tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten des Dritten hat.
Die Beklagte hätte also bei Google einen Antrag auf Löschung im Google-Cache stellen müssen, um ihrer Unterlassungspflicht nachzukommen. Bevor eine Unterlassungserklärung abgegeben wird sollte also auf jeden Fall überprüft werden, ob die betreffenden Inhalte noch über gängige Suchmaschinen aufrufbar sind.
Karsten Dopatka
Rechtsanwalt
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz